Change Management ist Projektmanagement

In der Literatur geht es meistens entweder um Change Management oder um Projektmanagement. Projektmanagement wird meistens der Sachebene zugeordnet. Projekte fokussieren sich aufs Ergebnis. Da jedoch jedes Projekt im Grundsatz etwas Neues als Ergebnis hervorbringt, ist Change Management unabdingbar. Entsprechend fliessen in der Realität Projekt- und Change Management stark ineinander.

Projekte sind dann erfolgreich, wenn es ihnen gelingt, die Absichten überzeugend zu kommunizieren, Konflikte konstruktiv abzufangen, die Menschen während des ganzen Prozesses aktiv zu begleiten und die Umsetzung gemeinsam – also unter Einbezug der Mitarbeitenden – zu vollziehen.

Ebenen im Veränderungsprozess / Change Prozess

Jedes Projekt bringt eine Veränderung mit sich. Die professionelle Gestaltung und Umsetzung des Change Prozesses muss jeweils zwei Ebenen berücksichtigen:  

  • Sachlogische Ebene  
    Projektmanagement, Technik, Instrumente und Werkzeuge, Ablauf  
  • Psychosoziale Ebene  
    Mensch, Rollen, Funktionen, Aufgaben  

Die Grundvoraussetzungen dazu sind das Erkennen der Veränderungsnotwendigkeit (Wandlungsbedarf), die Entwicklung der Veränderungsbereitschaft (Wandlungsbereitschaft) und die Schaffung der Veränderungsfähigkeit (Wandlungsfähigkeit) (vgl. Kaune et al. 2021).

«Nichts ist beständiger als der Wandel»

Heraklit

Veränderungsprozess

Bei Veränderungen gibt es nicht nur Gewinner. Man spricht von Betroffenen und von Beteiligten. Es gilt, Betroffene frühzeitig in den Veränderungsprozess einzubinden und diese zu Beteiligten zu machen. Bei der Steuerung von Veränderungsprozessen müssen die Strategie (Stossrichtung), die Struktur (Abläufe, Aufbau, Technologie) und die Kultur (Einbindung der Mitarbeitenden) immer beachtet, geklärt und offen kommuniziert werden.  

Strategie

Das Warum der Unternehmung. Warum gibt es uns? Wo wollen wir hin? Was ist unsere Vision? Welche Werte vertreten wir? Was sind unsere Ziele?

Struktur

Welche Prozesse und welche Strukturen benötigen wir dafür?

Kultur

Welche Mitarbeitenden und welche Unternehmenskultur benötigen wir dafür?

Verhaltensveränderungen dauern. Veränderungen, die das Verhalten von Mitarbeitenden oder die Unternehmenskultur betreffen, dauern noch länger. Ein Wandel auf Knopfdruck ist Wunschdenken. Wenn für die Strategie der Aufwand um den Faktor 1 zunimmt, dann erfordert die Strukturveränderung den Faktor 10 und die Kulturentwicklung den Faktor 100. 

Der klassische Veränderungsprozess sieht wie folgt aus:

Auftauen (unfreeze)

Auflösen der jetzigen Verhaltensweisen, Einstellungen und Werte. 

Bewegen (move)

Entwicklung neuer Einstellungen und Verhaltensweisen.

Einfrieren (freeze)

Stabilisieren des neuen Zustandes.

Umgang mit Veränderungen

Betroffene und Beteiligte verhalten sich im Veränderungsprozess zeitlich unterschiedlich. Je nach Persönlichkeit können auch einzelne Phasen ausgelassen werden. Change-Management-Massnahmen müssen diesen Übergangsprozess konstant begleiten und insbesondere die ersten Phasen verkürzen und ins Positive wenden. Somit festigt man den gesetzten Wandel, löst die Betroffenen von alten Strukturen oder Prozessen und macht sie rasch mit den neuen Gegebenheiten vertraut. Das Modell «7 Phasen der Veränderung» von Kotter aus den 1980er Jahren wird auch heutzutage noch erfolgreich eingesetzt:

Phase 1: Schock

Mitarbeitende machen einen grossen Unterschied zwischen hohen Erwartungen und eingetroffener Realität aus.

Phase 2: Verneinung 

Auf den Schock folgt die Verneinung. Auslöser sind Lähmung und falsches Sicherheitsgefühl sowie die überhöhte Einschätzung der eigenen Kompetenz; dies löst jeweils Fluchtverhalten aus. 

Phase 3: Einsicht

Mitarbeitenden gelingt die Einsicht in die Notwendigkeit von Veränderung.

Phase 4: Akzeptanz  

Auf die Einsicht folgt das Akzeptieren der Realität sowie das Loslassen alter Gewohnheiten und Versagensängste. 

Phase 5: Ausprobieren  

Mitarbeitende probieren neue Verhaltensweisen aus. Erfolge und Misserfolge wechseln sich ab, bei zunehmendem Ärger wächst aber auch die Frustration. 

Phase 6: Erkenntnis 

Mitarbeitende leiten aus dem Ausprobieren die Erkenntnis ab, welche Verhaltensweisen zum Erfolg und welche zum Misserfolg führen.  

Phase 7: Integration  

Erfolgreiche Verhaltensweisen werden ins aktive Verhaltensrepertoire aufgenommen.

Typologien in der Veränderung

Veränderungen werden von Mitarbeitenden als persönliche Risiken (bspw. Jobverlust, Statusverlust, reduzierter Lohn) und sachliche Risiken (bspw. keine Verbesserung des jetzigen Zustands) wahrgenommen. Die Mitarbeitenden können innerhalb einer Akzeptanzmatrix nach Mohr&Woehe (1988) vier Typologien zugeordnet werden: 

Promotoren 

Der risikofreudige Personenkreis – die Promotoren – macht ca. 5% der Belegschaft aus. Sie schätzen die persönlichen und sachlichen Risiken jeweils als gering ein und sind starke Befürworter der Veränderung. Entsprechend ist es wichtig, diese von Anfang an in den Veränderungsprozess mit einzubinden.  

Skeptiker  

Skeptiker (ca. 40% der Mitarbeitenden) bewerten sachliche Risiken hoch und argumentieren sachlich gegen die Veränderung. Sie bemängeln in erster Linie die Wirksamkeit der Veränderung und befürchten eine Verschlechterung der aktuellen Situation. Sie müssen von der Notwendigkeit der Veränderung aktiv überzeugt werden.  

Bremser 

Der Gegenpool zu den Skeptikern – die Bremser (ebenfalls ca. 40%) – schätzt das persönliche Risiko als hoch ein. Sie erkennen punktuell den Veränderungsbedarf, befürchten aber, zu Verliererinnen und Verlierern der Umstellung zu werden. Meistens verstecken sich die Bremser unter dem Deckmantel der Skeptiker. Dem Bremser müssen die persönlichen Vorteile der Veränderung nahegebracht werden.  

Gegner 

Die vierte Gruppe – die Gegner (15% der Belegschaft) – fürchtet sowohl persönliche als auch sachliche Risiken und schätzt die angekündigte Veränderung als sehr negativ ein. Der aktuelle Status wird aggressiv verteidigt, Kündigungen als Kurzschlussreaktion sind nicht ausgeschlossen. 

Schlüssel im Change Management: Offene, transparente Kommunikation

Die Kommunikation muss während einer Veränderung intensiviert werden. Beweggründe und die Notwendigkeit der Veränderung sind unmissverständlich klar und offen zu kommunizieren. «Walk the talk» ist dabei essenziell: Die Vorbildrolle vor allem der Führung schafft Glaubwürdigkeit und vermittelt das Gefühl von Gemeinsamkeit. Veränderungen bedeuten auch Chancen. Folglich gehören Risikobereitschaft und Wandlungsbereitschaft zu jedem Changeprozess. Erfolgserlebnisse («quick wins») und Lob sind zusätzliche positive Treiber im Change Management.

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